Haushaltsrede 2022

FDP Haushaltsrede zum Haushalt 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates und der Verwaltung,

sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,

 

angesichts der aktuellen Coronalage beschränke ich diese Haushaltsrede auf das Notwendigste.

 

In unseren Haushaltsberatungen haben wir uns diesmal auf zwei einflussreiche Elemente des Haushaltsentwurfes konzentriert: Den Stellenplan und die Veränderungsliste.

 

Wir sehen in den beiden Komponenten das größte Potential mit einer stringenten und revolvierenden Planung langfristig einen besseren, optimal einen ausgeglichenen Haushalts zu erreichen.

 

Der Blick zurück in den Haushalt 2021 hat uns eine Konsolidierungsliste beschert, die seinerzeit die drohende Gefahr eines Haushaltsicherungskonzeptes vermied. Die Umsetzung der Maßnahmen zeigen sich nun positiv im HH Entwurf 2022 als auch in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2025. Aber nach wie vor ist Kempen eine ambudante Gemeinde, d.h. kein Kandidat für die Landes Schlüsselzuweisungen. Wir haben ein geringes strukturelles Problem, wie die letzte GPA Prüfung ergab,  eher haben wir ein Planungsproblem die Stadt in den letzten Jahren mit Überschüssen abgeschlossen hat.

 

Als kurzfristige Maßnahme war die Konsolidierungsliste gerechtfertigt. Strategisch müssen wir jedoch an die Organisationsstrukturen und Arbeits-/ und Ablaufprozesse heran, um langfristig den Haushalt zu verbessern, d.h. effizienter und effektiver werden um möglichst die Ausgleichrücklage zu schonen.

 

Wie und Was könnte man dafür tun?

 

Wie eingangs erwähnt dazu beispielhaft den Stellenplan und die Veränderungsliste.

 

Fakt ist, dass die Personalkosten ohne die Versorgungsaufwendungen gerechnet i.H.v. 37.2 Mill.€ bzw. mit 32,6 % Anteil am Haushaltsbudget über dem Schnitt vergleichbarer Kommunen liegen. Nun ist aber auch so, dass Kempen sich mit Eigenbetrieb KITA´s , OGS oder Rettungswache einen politisch gewollten hohen Standard erlaubt. Im Hinblick auf den Haushalt wäre zu hinterfragen, ob die „Kempener Standards“ nicht anders gehalten werden könnten? Stichwort Kreis…freie Trägerschaften…..

 

Betrachten wir den ersten Punkt, die Personalkosten etwas näher.

 

  1. Die Forderung der Politik, die Aufstellung des Stellenplanes zu digitalisieren wurde mittels des SAP OM Tool realisiert. Die Implementierung + Datenfütterung dieses Tool hat allein bei der Erstellung des ersten Stellenplanes im Dezember 21 über mehrere Iterationen bis zur letzten Verwaltungsvorlage am 11.1.22  eine Verbesserung des Haushaltansatzes von ehemals – 2.1 Mio. € Belastung zur einer  Entlastung von  + 710.873 Mill.€ des Personalbudgets geführt.

 

 

 

 

 

 

 

Statt 37,1 Mio.€ Budgetansatz nun 36.5 Mil.€ ohne die Vorsorgeaufwendungen. Im Vergleich mit anderen Kommunen ist der Personalkostenanteil mit jetzt 31.4 % immer noch zu hoch, aber nun liegt eine IT basierte Version 1.0 vor auf der aufbauend und kontinuierlich das Ziel einer Senkung des Personalkostenanteils  von < 30% am Haushaltsbudget ins Auge genommen werden kann. An dieser Stelle mein besonderer Dank an das Personalamt mit Herrn Ertl und Frau Nolden, die in den letzten Wochen sehr guten Arbeit geleistet haben.

 

Neben den monetären Ergebnissen weist der Stellenplan mit Stichtag 30.6.21  82 offene Stellen incl. der Teilzeitkräfte aus. In der Zwischenzeit konnten ca. 30 Stellen neu besetzt werden oder sind derzeit im Einstellungsprozess, sodass ungefähr 50 Stellen noch neu zu besetzen sind. Die Notwendigkeit der Stellen ist ebenso dauernd zu hinterfragen, denn 50 Stellen mal angenommen 50.000€ Personalkosten sind 2.5 Mill.€, die im Haushalt veranschlagt werden und jede Stelle weniger, deren Bedarf revidiert wird, ist eine Haushaltsentlastung.

 

Nun ist es so, dass Fluktuation und Fachkräftemangel wahrscheinlich nie die Lücke der offenen Stellen schließen werden und die Anforderungen an die Verwaltung hinsichtlich Transparenz, Dokumentation, Rechtssicherheit und Performance steigen. Und seien wir an dieser Stelle realistisch: die demografische Entwicklung erzeugt einen Dauerzustand offener Stellen, auf der Zeitachse mehr und minder variierend.

 

Kontraproduktiv zu den offenen Stellen stellt sich statistisch gesehen der durchschnittliche Krankstand pro MA von knapp 25 Tage/Jahr dar.  Die Fehltage und die Überlastungsanzeigen sind vielleicht dem Umstand geschuldet, dass derzeit 130 MA der Verwaltung für eine BEM Maßnahme in Frage kommen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf die MA wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren.

 

 

Der zweite Punkt ist in der Budgetplanung der Fachämter + Referate.

 

Die Investitionsausgaben 22 steigen von 28 Mio. € um weitere 10 Mill.€ auf rund 38.0 Mill.€ an. Dazu kommen noch die Ermächtigungsübertragungen Wir stellen nicht die dahinter stehenden Projekte in Frage, aber dennoch ist es zukünftig, und damit meine ich den HH Ansatz 2023, darauf hinzuarbeiten, dass der Budgetansatz sich in den vorhandenen Personalkapazitäten ausrichtet. Die Erfahrungswerte der letzten Jahre zeigen das mit den derzeitigen Ressourcen ein Investitionsvolumen von ca. 20 Mill.€ umsetzbar ist. Realität aber auch, dass in der Spitze 16 Mill.€ Volumen umgesetzt wurden. Hier muss stringenter geplant und priorisiert werden.

 

 

Was wären weitere organisatorische Optionen im Hinblick auf Optimierung der Arbeitsprozesse?

 

  • Interkommunale Zusammenarbeit
  • Aufgabenübertragungen an den Kreis Viersen, wie wir es mit dem RPA geprüft haben und letztlich verworfen wurde – aber hier gibt es sicherlich weitere Optionen die einer Prüfung wert wären, sofern es sich wirtschaftlich darstellen lässt.
  • Übertragung kommunaler Institutionen auf freie Trägerschaften. Hier sind die KITA´s und OGS in städtischer Hand gemeint.
  • Investitionen in Digitalisierung, Digitalisierung, man kann es nicht oft genug betonen.

 

 

 

 

Wenn wir jetzt schon bei den Investitionen sind.

 

In 2022 gehen die größten Investitionsvolumina in Kanalausbau/Sanierung, in Schule mit LVD Aula/Turnhalle und in die Gesamtschule des 2.Bauabschnitt. Für die FDP hat der Bildungssektor herausragende Bedeutung.

 

Der Start des Campus Konzeptes ist gemacht worden mit dem Erweiterungsbau der Gesamtschule in Holzmodulweise und wird fortgesetzt mit einem Gebäudeneubau des LJP. Im Campuskonzept fortlaufend noch das LVD sowie das Thomaeum. Die betroffenen Gebäude sind im Rahmen von Sanierung oder Neubau mit relevanten Zielsetzungen aus dem Masterplan „Klimaschutz“ in Einklang zu bringen. Die groben Hochrechnungen erwarten mindestens Investitionen i.H.v. 50 – 80 Mio.€. Des Weiteren ist der Medienentwicklungsplan in Gang gesetzt worden. Der Aufbau der IT Infrastruktur mit Glasfaseranbindung, LAN und WLAN sowie der Hardwareausstattung incl. eines Servicekonzeptes sind auf dem richtigem Weg. 

 

 

Weitere große Investitionsprojekte – ich bezeichne diese als Sonderprojekte, weil es daneben noch Millionenbudget € für das Standardgeschäft Kanal-, Straßen und Hochbau gibt, deren Haushaltsansätze bisher noch nicht berücksichtigt worden sind:

 

  • das Kempener Wahrzeichen „Die Burg“. 2022 geht die Burg vom Kreis auf die Stadt über und spätestens dann stellt sich die Frage „wie damit umgehen“? Allein eine erste Begutachtung schätzt über 10.0 Mio.€ an Sanierungskosten und dabei wurde der Baukörper noch nicht geöffnet. Luft nach oben, also Sanierungsaufwand scheint genug da zu sein. Ob  es Zuschüsse gibt lässt sich derzeit nicht beziffern. Unsere Position dazu ist eindeutig: Die Suche nach einem privaten Investor und Einflussnahme der Stadt mittels Kaufvertrag, Planungsrecht und Denkmalschutz zur Gestaltung und Nutzung der Burg. Nur mit

Kaffee und Kuchen, Bücherei, Standesamt oder Raumvermietung – wie einige Vorschläge lauten – sind weder die Betriebskosten noch die Refinanzierung der Sanierung zu decken.

 

  • Das Radverkehrskonzept Kempen 2019 schätzt die Umsetzungskosten der 369 Maßnahmen in die Straßenbaulast der Stadt mit rund 11.0 Mio.€ ein und das ohne Baunebenkosten. Auf 15 Jahre umgelegt bedeutet das im Schnitt 750.000€ pro Jahr. Fairerweise sei erwähnt, dass hierbei mögliche Fördermittel nicht berücksichtig wurden.

 

  • Der Masterplan „Kilmaschutz“. Diese Investitionen sind bisher nicht quantifiziert. Die Zielumsetzung CO2 Neutralität darf sich dabei nicht an idiologischen Vorgaben orientieren – Maßstab muss Verhältnismäßigkeit, Kosten/Nutzen Abwägung und Wirkungsgrad sein. Klimaschutz fließt heute bereits in Planungen bei Sanierungs- oder Neubaumaßnahmen öffentlicher Liegenschaften ein und der Kempener Westen bietet sich geradezu an Klimaschutzmaßnahmen in bauliche Substanz umzusetzen.

 

  • Zum Ende noch die Sanierung des Rathauses am Buttermarkt. Um hier die räumliche und technische Infrastruktur nach dem heutigen Stand zu erreichen steht erst einmal die Überwindung der Denkmalschutzauflagen entgegen. Auch hier werden Summen von md. 10 Mio.€ Sanierungsaufwand genannt. Dieses Projekt ist sicherlich mit einer niedrigen Priorität zu betrachten.

 

Man sieht: Aufgaben gibt es genug.

 

Zum Ende bedanken wir uns bei allen Beteiligten für die Erstellung des Haushaltsentwurfes 2022.

 

            Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

gez. Bernhard Lommetz, FDP Fraktionsvorsitzender